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Den Rückstand aufholen
"Strom oder Benzin" lautete die Gretchenfrage beim Vortrag im Fritz-Schweizer-Saal des Bürgerhauses, zu dem der Förderverein Technikmuseum eingeladen hatte. Zwei Professoren der Hochschule Heilbronn dozierten überden alternativen Antriebsstrang im Auto.
Da für die Vortragsreihe des Fördervereins erstmals an Schulen geworben wurde, freute sich Beirat Jürgen Beer, auch einige Schüler unter den Interessierten begrüßen zu können. Wie Professor Dr. Rainer Uhler gleich zu Beginn seines Vortrags unterstrich, sei das in diesem Jahr gefeierte Automobiljubiläum "eigentlich nicht ganz richtig", blicke man 2011 doch vielmehr auf die 125-jährige Geschichte des Verbrennungsmotors zurück. Denn Dampfmaschinen, Elektro- oder Stromantriebe existierten schon länger. Wie Uhler in seinem Rückblick erläuterte, lag bereits 1801 der erste Entwurf eines dampfbetriebenen Fahrzeugs vor. Die Weiterentwicklung führte jedoch eindeutig in Richtung Eisenbahn. Fast gleichzeitig mit der Entwicklung des Ottomotors und dem Bau des ersten Kutschenwagens entstand der erste Elektrowagen, der von Andreas Flocken 1888 in Coburg hergestellt wurde.
Bereits 1882 war von Siemens der erste Bereits 1882 war von Siemens der erste Oberleitungsbus entwickelt worden; auf der Weltausstellung von Paris wurde 1900 von Lohner-Forsche ein Hybridfahrzeug mit elektrischem Radnabenantrieb als riesige Sensation vorgestellt. Um 1900 waren in den USA 40 Prozent aller Automobile Dampfwagen, 38 Prozent Elektro- und 22 Prozent Benzinfahrzeuge. Die Gründe für die Durchsetzung des Verbrennungsmotors wurden durch einen Film deutlich veranschaulicht, wirkten sich doch vor allem die schweren Batterien sowie die lange Ladezeit nachteilig für den Elektroantrieb aus. Ein kleiner Vorteil bestand allein im hohen Wirkungsgrad.
Die Entwicklung des elektrischen Anlassers, billiger Kraftstoff sowie die hohe Reichweite bewirkten ein Übriges. Die stetige Steigerung von Leistung und Effizienz bei Verbrennungsmotoren brachte hingegen gleichzeitig einen Stillstand in der Batterieentwicklung mit sich.
"Der Rückstand in der Batterietechnologie muss nachgeholt werden", so der Dozent. Einen Scheideweg sieht er im 21. Jahrhundert durch begrenzte Ressourcen, Umweltschutz oder auch Gesetzesänderungen gegeben. Was er durch Beispiele wie Ölverknappung ebenfalls einleuchtend vor Augen führte. "Das ist heute die Motivation, über Elektrofahrzeuge nachzudenken", stellte Uhler fest. In seinem Ausblick unterstrich er, bei der Anwendung in Stadt-, Überlandverkehr sowie Langstrecke unterscheiden zu müssen. Wobei der Referent gerade zu letzterem Punkt technische Möglichkeiten wie Hybridisierung sowie Plug-In oder Range Extender etwa durch verbrauchsoptimierte Verbrennungsmotoren praxisnah erläuterte. Faktoren wie Energieverbrauch oder auch die Notwendigkeit neuer Komponenten wurden von ihm ebenfalls benannt. Als entscheidend wertete er die Batterietechnologie, indem deren Lebensdauer erhöht und die Kosten sowie das Gewicht gesenkt werden müssen. Gesetzgebung, Kundenverhalten und Praxiserprobung wurden von ihm gleichzeitig als gewichtig erachtet.
Mit dem von der Heilbronner Hochschule betriebenen Elektroauto Chevrolet Matiz war Professor Dr. Andreas Daberkow selbst nach Backnang gekommen. Die erfolgte Umrüstung mit 20 hintereinandergeschalteten Batterien als Herzstück sowie die Fahrzeugdaten im Vergleich wurden von ihm in alle Richtungen ausführlich beleuchtet. Ebenso stellte er verschiedene Zyklen von 50 oder 70 Kilometern vor, wie sie etwa von Pendlern regelmäßig und täglich gefahren werden. Auch unter Berücksichtigung von Energiebedarf und Leistung. "Die Reichweite ist hier in der Praxis kein Thema'', zeigte er sich überzeugt.
Wichtig sei die aktive und passive Sicherheit, aufladen zu können. Bezeichnete Daberkow die Energierückgewinnung als "faszinierend", benannte er hinsichtlich Komfort die Standheizung als absoluten Vorteil. Einbußen ergeben sich seinen Worten zufolge lediglich durch die fehlende Klimatisierung. Als Herausforderung bezeichnete der Referent indes die Frage des Mobilitätsverhaltens. "Der müssen wir uns stellen", so der Dozent abschließend. Viele Fragen der Zuhörer etwa nach Kosten oder Lebensdauer von Elektroautos schlossen sich dem Vortrag an. Danach konnten die Erkenntnisse des Abends bei einem Fachgespräch am Fahrzeug noch vertieft werden.