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Die Geschichte der Kunststoffe
Referent: Prof. Dr. Ing. Uwe Gleiter, Hochschule Heilbronn
Datum: Mittwoch, 10. Juni 2015
Ort: Bürgerhaus Backnang, Fritz-Schweizer-Saal
 

Vom Kautschuk zum Carbonfaserwerkstoff

Prof. Dr. Ing. Uwe GleiterProf. Dr. Ing. Uwe GleiterProf. Dr. Ing. Uwe Gleiter„Hochmolekulare organische Verbindungen, die entweder durch Abwandeln hochmolekularer Naturstoffe oder durch chemische Aneinanderlagerung niedermolekularer Grundbausteine (Monomere) durch verschiedenartige chemische Reaktionen entstehen“, das ist die Definition von Kunststoff!

Damit die Geschichte aber auch für Laien verständlich blieb, verstand es Gleiter, der als Professor für Kunststoffverarbeitung  an der Hochschule Heilbronn lehrt, den überaus interessanten Werdegang dieser Stoffe praxisnah und spannend zu vermitteln. Wie jedermann weiß, gibt es eine Fülle unterschiedlicher Kunststoffe, die sich auch ausgesprochen verschieden verhalten. Dies ist mit der Grundstruktur der langkettigen Moleküle zu erklären, die sich spagettigleich verknoten, nur berühren oder gar verschmelzen können.

Man unterscheidet folglich auch drei große Gruppen von Kunststoffen: Thermoplaste, Elastomere und Duroplaste. Die ersteren verformen sich bei Hitze und erstarren bei Abkühlung wieder, ähnlich Schokolade. Elastomere verhalten sich wie Gummi und Duroplaste sind hart und spröde.

Der Begriff „Kunststoff“ ist eine deutsche Erfindung, anderenorts war das plastische Verhalten der neuen Stoffe Namensgeber: Plastik. Dieser Begriff hat sich im täglichen Gebrauch schließlich auch bei uns durchgesetzt.

Aus Latex wird Kautschuk ein frueher Kunststoff Quelle WikipediaDie Geschichte der Kunststoffe begann schon vor 500 Jahren, als man mit Kasein, einem Milcheiweiß Kunsthorn herstellte. Naturkautschuk und Harz gesellten sich als Werkstoffe hinzu. Damit ließ sich Gummi machen. Die Gebrüder Montgolfier haben Ende des 18. Jahrhunderts ihre seidenen Ballonhüllen gummiert und damit abgedichtet. Kurze Zeit später entstand die erste Regenkleidung aus Kautschuklatex. 1856 stellte der Amerikaner Alexander Parkes aus Zellulosenitrat und Kampfer Zelluloid her. Hieraus wurden zahllose Gebrauchsgegenstände produziert.

Etwa 20 Jahre später erfand Hannibal Goodwin den ersten Filmstreifen. Zelluloidpuppen waren bis in die jüngste Vergangenheit bei Kindern sehr begehrt. Generell lässt sich feststellen, dass Kunststoffartikel gezielt als Ersatz für oft teure und für die Masse der Verbraucher unerschwingliche Objekte hergestellt wurden. Im 20. Jahrhundert ging es mit der Entwicklung Schlag auf Schlag voran. Allgemein bekannte Kunststoffe wie Silikone, Bakelit, PVC und Plexiglas entstanden.

Die deutsche chemische Industrie war häufig tonangebend. Erste Kunstfasern wie Nylon und Perlon sind Basis eines sich rasend schnell ausbreitenden Marktes. Nach dem 2. Weltkrieg kommen Styropor und Epoxidharze hinzu. Prof. Gleiter zeigte eine Fülle von Produktbeispielen aus allen Bereichen der Kunststoffgeschichte. Vor etwa dreißig Jahren wurden erstmals Mineralfasern mit Kunststoffen kombiniert. Damit wurden völlig neue Anwendungsbereiche erschlossen. Automobil- und Flugzeugbau konnten durch leichte, hochfeste Kunststoffe entscheidende Fortschritte erzielen.

Die Gegenwart ist von der Optimierung der Synthese und der Entwicklung maßgeschneiderter Kunststoffe bestimmt. 3D-Druck mittels Kunststoffen erschließt völlig neue Produktionsmethoden. Die allseits beliebten Flüssigkristallbildschirme bei Smartphone und Tablet sind ohne flüssigkristalline Polymere nicht denkbar. Die angeregte Diskussion mit den Teilnehmern widmete sich neben Recyclingfragen auch dem eher skurrilen Aspekt, ob sich aus Kunststoffen Nahrungsmittel herstellen lassen. Antwort: Theoretisch ließen sich aus petrochemischen Grundsubstanzen auch einzelne Lebensmittelbestandteile herstellen. Umgekehrt ist die Herstellung von Kunststoffen aus biologischen Rohstoffen aber möglich und wird auch schon durchgeführt.

2015-06-10 Geschichte der Kunststoffe
2015-06-10 Geschichte der Kunststoffe

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