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Telefunken nach 100 Jahren - Das Erbe einer deutschen Weltmarke

Pünktlich zum 100jährigen Jubiläum im Jahre 2003 erschien das Buch Telefunken nach 100 Jahren zur Geschichte des Unternehmens. Eine Gruppe von meist ehemaligen Managern der Firma und befreundeten Fachleuten erstellte in jahrelanger Vorarbeit dieses recht umfassende Bild eines einst weltbekannten Unternehmens. Für alle, die keinen Zugang zu einem Exemplar dieses inzwischen vergriffenen Druckwerks haben, seien die für Backnang relevanten Kapitel mitsamt allen dazugehörigen Bildern hier wiedergegeben.
Dies geschieht mit freundlicher Genehmigung der Nicolaische Verlagsbuchhandlung GmbH, Berlin.

Netz-Überwachung und -Management

Feinfühlige Störungserkennung und sofortige Fehlerbeseitigung sorgen für hohe Verfügbarkeit

Von Theodor Pfeiffer

Bei unseren täglichen Telefongesprächen oder beim Versenden von Fax- und/oder E-Mail-Nachrichten gehen wir ganz selbstverständlich davon aus, dass uns das öffentliche Nachrichtennetz - wenn wir es benötigen - stets sofort zur Verfügung steht und nie ausfällt. Unsere Erwartungen werden in der Regel täglich aufs neue bestätigt, weil dieses außerordentlich leistungsfähige Netz tatsächlich sehr stabil ist und zuverlässig arbeitet. Der Fachmann allerdings weiß, dass auch ein solch komplexes System verletzlich ist, stecken doch in den vielen elektronischen Einrichtungen unzählige Bauteile, von denen jedes einzelne zwar sehr zuverlässig ist, jedoch keine unendliche Lebensdauer besitzt. Er weiß auch, dass der Ausfall eines Bauelements an einer kritischen Stelle eine ganze Übertragungsstrecke lahmlegen kann, auf der beispielsweise viele Ferngespräche geführt werden. Wie also, so fragt sich der Laie, lässt sich die hohe Zuverlässigkeit denn erreichen?

Diese Frage hat die Ingenieure schon in den frühen Jahren der elektronischen Nachrichtensysteme bewegt. Sie starteten daher ihre Übertragungssysteme mit speziellen Überwachungsschaltungen aus, die dem Wartungspersonal durch akustische und optische Signale einen Defekt oder einen Pegelabfall des Nachrichtensignals sofort anzeigten. Durch Baugruppentausch konnte dann die Betriebsfähigkeit gegebenenfalls rasch wiederhergestellt werden.

Lange Zeit befriedigte diese Methode, doch in den fünfziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts erfuhr das Fernmeldenetz der Deutschen Bundespost (DBP) eine starke Erweiterung. Es erhielt daher eine hierarchische Struktur, bestehend aus Orts-, Knoten-, Haupt- und Zentralämtern, die untereinander durch die Trägerfrequenz- und Richtfunk-Strecken verbunden sind. Man kann sich leicht vorstellen, dass insbesondere in den großen Haupt- und Zentralämtern, in denen sich ja auch die Systeme der unteren Netzebenen befinden, der Überblick über Störungen zunehmend schwieriger wurde. Bei gravierenden Störungsfällen konnte es vorkommen, dass an vielen Geräten gleichzeitig die Signallampen blinkten und dadurch die Erkennung und Identifizierung eines Defekts stark verzögert wurde.
 
Die DBP war daher sehr an der Entwicklung eines Systems interessiert, das - vor allem in den großen Fernmeldeämtern - in der Lage war, die interessierenden Störungsmeldungen des TF-Netzes räumlich zu konzentrieren. Erste diesbezügliche Gespräche zwischen dem Fernmeldetechnischen Zentralamt (FTZ) und Telefunken Backnang fanden 1963 statt. Zwei Jahre später präsentierte Backnang einen Vorschlag für eine automatische TF-Netzüberwachung (ATFNÜw), die - mit Unterstützung eines Telefunken-Rechners TR 10 - automatisch untergeordnete Signale unterdrückt und die wichtigen übergeordneten Signale in einer Zentrale übersichtlich auf einem Anzeigetisch darstellt, sodass die Störung rasch eingegrenzt und gegebenenfalls eine Ersatzstrecke bereitgestellt werden kann. Auf dieser Basis entstand ein Versuchssystem, das 1968 in Düsseldorf in Betrieb genommen wurde.

Da sich auch die Firma Siemens mit Fernüberwachungseinrichtungen für das TF-Netz befasste, wünschte das FTZ eine Zusammenarbeit bei der Planung und Entwicklung eines einheitlichen Systems. Beide Firmen brachten ihre Erfahrungen in eine Weiterentwicklung – die „Zentrale Betriebsbeobachtung“ (ZBBeo) – ein und lieferten 1972 die erste Probeanlage. In den Folgejahren führte die Deutsche Bundespost die ZBBeo im gesamten TF-Netz ein. Insgesamt 16 Überwachungs- und 60 Unterzentralen sorgten schließlich - verbunden durch Fernüberwachungsschleifen mit vielen hundert Betriebsstellen - für eine hohe Verfügbarkeit des Netzes.

Natürlich war auch das Richtfunknetz durch verschiedene Überwachungseinrichtungen gesichert. So wurde jede Richtfunkstrecke zum Beispiel die von Hannover nach Hamburg-, bestehend aus mehreren parallel geführten Funkkanälen (so genannten Linien), von Schutzschaltgeräten überwacht. Jeweils mehreren Linien (drei bis sieben) war ein Reservekanal zugeordnet. Bei Störung einer Linie wurde diese Verbindung aufgetrennt und auf den Reservekanal mit kaum merklicher Unterbrechung umgeschaltet. Trotz dieses schon sehr wirkungsvollen Schutzes kamen in den siebziger Jahren im Netz der DBP - parallel zur ZBBeo – noch Funkübertragungsleitstellen zur Überwachung des Richtfunknetzes dazu. Von dort aus konnten außerdem gezielte Umwegschaltungen in Abhängigkeit vom Verkehrsaufkommen oder im Störungsfall vorgenommen werden. Telefunken Backnang war auch an dieser Entwicklung maßgeblich beteiligt und hat mehrere Leitstellen, insbesondere im Norden Deutschlands, aufgebaut.

Inzwischen sind die Nachrichtennetze, wie bereits erwähnt, völlig digitalisiert. Es gibt nur noch ein Datenkommunikationsnetz, über das die unterschiedlichsten schmal- und breitbandigen Dienste rasch und sicher transportiert werden. Zur Überwachung sind daher die oben genannten, für analoge Netze konzipierten Systeme nicht mehr geeignet. Rechnergestützte Systeme, deren Standards von CCITT und ETSI festgelegt sind, treten inzwischen an ihre Stelle. Moderne Systeme - man nennt sie heute Netzmanagement-Systeme - sind in der Lage, Störungen oder Ausfälle zu erkennen und automatisch zu beseitigen, die Kapazität der Übertragungswege abhängig vom Verkehrsaufkommen zu variieren, die Übertragungsqualität zu überwachen sowie die Gerätebestandsdaten zu verwalten - um nur die wichtigsten Eigenschaften zu nennen. Sie unterstützen außerdem ganz wesentlich die Planung und Konfiguration der Netzstruktur, denn die Netztopologie und die Schaltzustände können auf den Bildschirmen von Monitoren mit Hilfe der Fenster-Technik bis ins Detail dargestellt werden.

Der Backnanger Tradition folgend, wurde bei ANT Nachrichtentechnik Anfang der neunziger Jahre das leistungsfähige Netzmanagement-System NSÜ entwickelt, das die oben genannten Eigenschaften besitzt und inzwischen bei Netzbetreibern im In- und Ausland erfolgreich im Einsatz ist.

Mit freundlicher Genehmigung der Nicolaische Verlagsbuchhandlung GmbH, Berlin 

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