Ein Blick in die Techniksammlung (XIV) - Der Weg einer Zwirnmaschine von Netzschkau nach Backnang
Von Hans Piesch
Backnang - Ein Angebot aus Reichenbach im Vogtland erreichte 1998 die Techniksammlung: Es bestand die Aussicht, dass diese in den Besitz einer Zwirnmaschine kommen konnte. Die Textiler, die sich ehrenamtlich für die Dokumentation der Backnanger Industriegeschichte engagieren, reisten also am 31. März 1998 zur Besichtigung der Zwirnmaschine, die aus dem Jahr 1924 stammt, nach Reichenbach. Dieses liegt zwischen Plauen und Zwickau. Nach einer Fahrt von etwa fünf Stunden war das Ziel, die Weberei "Elite" erreicht. Dort empfing Geschäftsführer Müller die Backnanger und zeigte ihnen nach kurzem Informationsgespräch den Betrieb. In diesem werden technische Gewebe für Filter, Körperschutz, Transport und Militär mit modernen Webstühlen hergestellt.
Die Zwirnmaschine für die Techniksammlung konnten die Backnanger erst nach der Mittagspause im Wohnhaus von Geschäftsführer Müller in Netzschkau in Augenschein nehmen. Sie stand neben einer Schussspulmaschine, einer Schärmaschine und einem Webstuhl in den Wohnräumen. Bis kurt vor der Wende liefen die Maschinen nämlich im Heimbetrieb. Neben der Zwirnmaschine konnten die Backnanger auch noch eine Schussspulmaschine für die Techniksammlung mitnehmen. Dass der Transport keine leichte Arbeit sein würde, darüber waren sich die Textiler schnell klar. Sie sahen, dass sie, wenn die Teile abgeholt werden, aus Backnang eine Überbrückung für die Treppenstufen, genügend Behälter für Kleinteile und Panzerrollen sowie eine Vorrichtung zum Heben von Kopfstück und Endteil auf den Lastwagen mitbringen müssen.
Arno Karau, Hans Piesch und Werner Wildermuth. Sie trafen um 9. 30 Uhr in Netzschkau zum Abmontieren ein. Der Laster vom Bauhof der Stadt Backnang folgte später. Begonnen wurde mit dem Abbau der Aufsteckvorrichtung bei der Zwirnmaschine, die Teile wurden gekennzeichnet und zum Verladen in den Hof geschafft. Um die Mittagszeit konnte mit dem Beladen des Lkw begonnen werden, wobei zwei Mann weiter beim Abmontieren blieben. Die Langteile, Trommeln und Ringbänke wurden durchs Fenster direkt auf den Lkw geladen. Um 15 Uhr waren die Backnanger mit Verladen und Aufräumen fertig, die Teile auf dem Lkw gesichert. Die Rückfahrt konnte beginnen.
Am 15. April 1998 war es dann so weit. Früh morgens um 4 Uhr erfolgte die Abfahrt aus Backnang zur Abholung der Maschinen. Die Textilgruppe bestand aus vier Mann: Fritz Dietrich,Am nächsten Tag wurde abgeladen. Nachdem die „Fracht“ sortiert war, konnte mit dem Aufbau begonnen werden. Als Erstes wurden die Teile der Zwirnmaschine, die von der Firma Hamel aus Schönau bei Chemnitz stammt, auf die neu erweiterte Plattform in der Techniksammlung gehoben, wo sie dann zusammengebaut wurden. Bei den Montagearbeiten stellten die Mitarbeiter der Techniksammlung fest, dass die Maschine ursprünglich mit 360 Spindeln pro Seite und einem Stufenscheibenvorgelege für die Transmission ausgestattet war. Die Länge der Maschine betrug neu 15,76 Meter - bei einer Teilung von 81,2 Millimeter. Die Teilung bezieht sich auf den Abstand von Ring zu Ring auf der Ringbank. Über Schaltrad und Exzenter wird die Bewegung der Ringbank geführt. Als die Zwirnmaschine einstens für den Hausbetrieb umgebaut wurde, verkürzte man sie auf die Länge des vorhandenen Raumes (zirka 5,50 Meter), baute den Transmissionsbetrieb ab und stellte die Maschine auf Elektroantrieb mit zwei Motoren um.
Der Zusammenbau ging schnell vonstatten, da keine Beschädigungen beim Transport zu beklagen waren. Auch Hebevorrichtung und Gewichte stimmten. Die Maschine ist jetzt wieder funktionstüchtig. Lediglich die Antriebsbänder für die Spindeln der Trommeln fehlen. Endlich war die Odyssee der Maschine, die nun ein weiteres Schmuckstück in der Techniksammlung ist, beendet.