Ein Blick in die Techniksammlung (XV) - 60 Jahre altes Richtfunkgerät wurde in monatelanger Arbeit restauriert
Von Heinz Wollenhaupt
Backnang - Im Jahr 1935 wurde bei der Firma Telefunken in Berlin an einer neuen Möglichkeit der Übertragung mit Richtfunk gearbeitet. Hierbei sollten Nachrichten - mit speziellen Antennen gebündelt- zwischen zwei Stationen für Entfernungen von 20 bis 50 Kilometer ausgetauscht werden. Die zu entwickelnden Geräte sollten zudem im Frequenzbereich von 600 MHz, dem heutigen Fernsehübertragungsbereich, arbeiten.
Schon ein Jahr später, 1936/37, wurde von den Telefunken Entwicklungsingenieuren eine Reihe von Mustern unter der Bezeichnung „Olympiagerät“ vorgestellt, die das spezielle Interesse des Militärs, besonders der Luftwaffe fanden.
Der Vorteil dieser Übertragungsart war offensichtlich. Ohne Verlegen von Leitungen konnte eine Telefon- oder Fernschreibverbindung aufgebaut werden. Die Technik war vollständig neu, selbst die in den Geräten verwendeten Röhren mussten neu entwickelt werden.
Die gerichtete Übertragung erforderte im Gegensatz zum gebräuchlichen Kurzwellenfunk
nur geringe Sendeleistungen von einem Watt und machte die Übertragung auch weitgehend abhörsicher. Noch heute erstaunt den Fachmann die geringe Anzahl der verwendeten Röhren von nur 22 Stück, bei nur drei verschiedenen Typen. Das Nachfolgegerät, die von Telefunken ab 1950 entwickelte FREDA, benötigte für Richtfunk-Fernsehübertragungen
schon über 155 Röhren.
Auftrag gegeben und gefertigt. Die Luftwaffe konnte damit in ganz Europa ein Nachrichtennetz vom Nordkap bis nach Kreta und weiter sogar nach Ägypten und von der Atlantikküste bis weit nach Russland aufbauen. Technisch gesehen war es der Anfang der Richtfunktechnik mit nur einem Sprachkanal und vier Fernschreibkanälen. Nach dem Krieg
nutzte die Post einen Teil der Geräte zum ersten Aufbau eines nachrichtentechnischen Netzes in der Bundesrepublik, das dann bis zum Beginn der 50er Jahre im Einsatz war und erst durch Neuentwicklungen abgelöst wurde. Seit 1957 war die Verantwortung für die Entwicklung und Fertigung von Richtfunkgeräten dem Backnanger Telefunkenwerk zugeordnet. Trotz der verschiedensten Firmennamen, unter denen das Werk in Backnang firmiert wurde, ist dem Richtfunk seitdem Backnangs nachrichtentechnische Bedeutung mit zu verdanken.
Der Deckname war Michael
Alois Ochojski hat in monatelanger Arbeit das in der Techniksammlung vorhandene Gerät, das wahrscheinlich im Jahre 1943 hergestellt wurde, wieder funktionsfähig gemacht. An diesem Exemplar ist deutlich zu sehen, mit welchen Versorgungsschwierigkeiten die
Kriegsindustrie zu kämpfen hatte. Die Verdrahtung innerhalb des Gerätes wurde aus Mangel an unterschiedlich starken Drähten und Isolierungen der Drähte mit einheitlichen dünnen Kupferdrähten ausgeführt. Die Isolierungen der Drähte reichten für die im Gerät vorkommenden Spannungen gerade noch aus, jedoch ohne Sicherheiten. Nach heutigen Vorschriften hätte das Gerät keine Zulassung bekommen.
Die Schaltungsunterlagen waren im Technikarchiv des Stadtarchivs Backnang untergebracht und konnten für die Restaurierung benutzt werden. Dort lagert noch eine Menge an technischen Unterlagen von Geräten, die in der Techniksammlung einer Restaurierung harren.
Seit Anfang März 2001 ist das Dezimeterrichtfunkgerät DMG 5K mit dem Decknamen „Michael“ wieder restauriert in der Kaelble-Halle ausgestellt.