Die Alten beherrschen nach wie vor ihr Metier
Die Alten beherrschen nach wie vor ihr Metier
Backnanger Kreiszeitung 20.11.2010
Ehrgeiz und Sachverstand schaffen bisweilen schier Unmögliches. Am Beispiel der Restaurierung eines achtzig Jahre alten Motors zeigte Fritz Hiller in einem Vortrag im Bürgerhaus, dass es sich lohnt, historische Maschinen nicht zu verschrotten, sondern aufzubauen.
Was Ausdauer und Tüftlergeist bewirken können, das erlebten die gebannten Zuhörer bei einem Vortrag von Fritz Hiller im Rahmen der Vortragsreihe zur Technikgeschichte des Fördervereins Technikmuseum Backnang. Man schrieb das Jahr 1928 als Kaelble den stattlichen 8-Zylinder-Reihen-Dieselmotor baute. Die Maschine, die mehr als eine Tonne wog, tat lange Zeit als Notstromaggregat im Kesselhaus des Unternehmens ihren Dienst. Schließlich fand sie im Fundus der Techniksammlung ihren letzten Platz.
Im Jahr 2004 begann Hiller mit den Mitstreitern Gotthilf Kurz, Helge Thelo, Werner Beutelspacher und Karl Häuser das fast aussichtslose Unternehmen, den festgefressenen Motor wieder zum Leben zu erwecken. In zahlreichen Bildern wurde das bisweilen abenteuerliche Unterfangen der alten Herren festgehalten. Zunächst wurde mit roher Gewalt, reichlich Rostlöser und einer langen Eisenstange als Hebel die erste Umdrehung geschafft. Weitere Anlassversuche wurden mit Pressluft und einem Elektromotor unternommen. Ersteres hatte keinen Erfolg, bei der zweiten Variante konnten nur zwei der acht Zylinder betrieben werden. Die anschließende Obduktion zeigte das Ausmaß der Schäden. Alle Kolbenringe saßen fest, die Zylinderkopfdichtung war gerissen, sämtliche Ventilfedern waren gebrochen und zu allem Überfluss musste der Zylinderkopf geschweißt werden.Die Schäden wurden überwiegend in der eigenen Werkstatt behoben, wo nötig, konnte Ersatz beschafft werden und nach einer Reinigung des Kurbelwellengehäuses kam der nächste Anlassversuch. Es klappte auf Anhieb. Zischend und krachend setzte sich das alte Ungetüm in Betrieb.
Nun kamen andere Schäden zum Vorschein. Das Motorgehäuse hatte in der Wasserraumwand mehrere breite Risse. Mithilfe von Spezialkleber und Metallschienen konnte alles wieder abgedichtet werden.
Nachdem der ebenfalls frostgeschädigte Ölkühler wieder instand gesetzt worden war, wurde ein neuer Startversuch unternommen. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Nach gut zweijähriger, höchst spannender Arbeit läuft der Motor wieder rund und zuverlässig. Bei den alljährlichen Tagen der offenen Tür der Techniksammlung ist er eines der dicht umlagerten Ausstellungsstücke – besonders wenn seine Entdecker ihn laufen lassen.